Ich bin ja so ein Geburtstagsmensch. Bereits im Juli beginne ich die Leute zu erinnern, dass ich im August Geburtstag habe. Das hat sich in den vielen Jahren nicht geändert und ich werde hin und wieder schräg angeschaut, dass ich mich nun (in meinem Alter) noch immer freue. Macht nix. Ich bin es gewohnt, schräg angeschaut zu werden.
Nun ist aber alles noch viel besser. Morgen hat nämlich der Herr Klein Geburtstag. Und das ist für mich, wie nochmal Geburtstag haben. Ich darf nämlich Geschenke einkaufen, die mir ja selbst am besten gefallen. Ich öffne den Postkasten, wo sich nun täglich Post sammelt. Pakete fliegen ins Haus. Ein Kuchen wird gebacken. Hach.
Herrn Klein interessiert das ganze ja noch so überhaupt nicht. Auch wenn ich ihm versuche seit ein paar Wochen einzutrichtern, dass er bald GE! BURTS! TAG! hat. Solange er morgen wie gehabt seine Milch zum Frühstück, seine Nudeln zum Mittag und sein Broti zum Abendessen bekommt, ist es ihm herzlich wurscht, dass dieser Tag irgendwie anders ist als alle anderen.
In einem Jahr sieht das dann wohl anders aus. Da werden mir sicher die Ohren lang vor lauter Geburtstagsgefasel meines Sohnes. Oder - und das ist wahrscheinlicher - ich stimme ein. Und alle um uns herum werden noch bekloppter.
Aber warum ist es überhaupt so, dass man seinen Geburtstag ab einem bestimmten Alter nicht mehr fröhlich bejubelt? Das man älter wird, kann man nunmal nicht umgehen. Und außerdem kann man sich darüber die restlichen 364 Tage im Jahr ärgern. Obwohl das schade ist. Denn Älterwerden hat ja auch was Gutes. Neulich erst kam mir diese Erleuchtung erneut:
Musik war nämlich schon immer meine enge Begleitung. Ich hab so ziemlich zu jeder CD im Schrank (oder wie man heute sagt: zu jedem Track in meiner Playlist) Assoziationen im Kopf. Da ist so eine Autofahrt nach Salzburg und zurück eine gute Möglichkeit, um mal wieder der Zeit davonzureisen.
Das tat ich also. Kaum aus Wien raus begann meine eigene kleine Disco. Musik aus Zeiten... Man kennt das ja. Plötzlich sitzt man wieder an der Uni, lässt Vorlesungen sausen und genießt das Leben. Das kleine WG Zimmer taucht auf in all seinen Farben. Erinnerungen. Wo man im zarten Alter von 24 abends in guter Stimmung das Haus verließ und sich am nächsten Morgen fragte, ob man den Mann fürs Leben gefunden hatte. Hatte man nicht, wie sich herausstellte. Stattdessen behaftete man noch weitere Jahre unzählige Musik mit Assoziationen und Eindrücken, stolperte durchs Leben und befahl sich Spaß.
Und jetzt, mit knapp über dreißig sitzt man in einem Mietwagen. Der Sohn in der Krippe. Der Mann im Büro. Und für ein paar Stunden reist man davon, noch einmal zurück in die spaßige Welt des Jungseins. Nur um festzustellen, dass sie gar nicht immer so spaßig war. Denn es tauchen Erinnerungen auf, da fragt man sich, ob man einen Film so oft gesehen hat, dass man glaubt, ihn erlebt zu haben, oder ob das tatsächlich alles so passiert ist. Wie war man jemals in diese Situationen geraten? Und vor allem: wie ist man da wieder herausgekommen? Unversehrt.
Unversehrt? Nicht wirklich, denn es bleiben Lieder, die sie mir ins Gedächtnis rufen. Diese Momente und Stimmungen, die ich nicht mehr brauche. Nie gebraucht habe. Die nicht nur kunterbunt und laut sind, sondern auch düster und magenverknotend.
Am schlimmsten sind ja solche Compilations, wo auf einer CD alle "besten songs der Welt" draufgepresst sind. Auf Nimmervergessen! Da fliegen wie von Indianern umringt die Erinnerungen wie Pfeile auf einen ein. In solchen Momenten ist es gut, wenn man Musik parat hat, die einen ganz schnell ins Hier und Jetzt bringt. Bei mir sind das grad "Old McDonald had a farm", "Incy Wincy Spider" und der "Bi Ba Butzemann". Wobei ich bis heute nicht weiß, was genau ein Bi Ba Butzemann ist. Egal, solange er mich zurückholt in diese Welt, ist er mein Freund.
Und dann bin ich froh. Froh, dass alles so ist, wie es nun ist. Dass ich nicht mehr glaube, etwas zu verpassen, wenn ich eine Party sausen lasse. Dass ich nicht mehr zig Leute kennenlernen muss, um als sozial zu gelten.
Stattdessen bejubel ich weiter ein neues Lebensjahr und begrüße jedes graue Haar persönlich.
Jaja, nur hin und wieder, ganz heimlich still und leise, lege ich Musik auf, schalte das Kopfkino an, das Hier und Jetzt aus und reise durch Zeiten. Ohne, dass ich mich am nächsten Morgen dafür schämen muss.
Gehts mir gut.
Wow, beeindruckend. Teilweise auch etwas bedrückend, aber wirklich schön geschrieben. Ich wünsche Euch morgen viel Spaß beim Geburtstag feiern. Unser Sohnemann fand seinen 2ten Geburtstag vor ein paar Wochen super (obwohl er immer auf die Frage was feiern wir? mit "Karneval" geantwortet hat) :D
ReplyDeleteLG,
Mattes